Battambang Moenche

Das weinende Mädchen aus Kambodscha

März 2013. 30 Grad Celsius. Es ist staubig. Ich befinde mich in Battambang, der zweitgrößten Stadt in Kambodscha. Dieser Ort ist auf seltsame Weise anders als der Rest des Landes. Und hier mache ich eine ganz besondere Begegnung, vor allem eine besonders tränenreiche.

Es herrscht Trockenzeit in Kambodscha und der Wasserstand des Tonle Sap, der größte See Südost-Asiens, ist gerade sehr niedrig. In der Regenzeit reicht der See bis an die Grenzen Battambangs. Mit dem Boot kann man sich dann sogar vom nördlich gelegenen Siem Reap bis in die Stadt transportieren lassen. Doch um diese Jahreszeit merkt man davon nichts.

Schon seit einer Woche bin ich in diesem fantastischen, aber auch sehr sehr armen Land unterwegs. Ich habe bereits alle Touristengegenden abgeklappert. Phnom Phen, die Hauptstadt. Sihanoukville, die Strandregion. Und natürlich Siem Reap mit dem berühmten Angkor Wat.

Doch Battambang ist anders als all diese Orte. Es ist die zweitgrößte Stadt des Landes. Trotzdem lässt sich hier ein doch sehr ländliches Flair entdecken. Holprige Feldwege führen zu Reisfeldern. Einfache Hütten unter Palmen formen die typischen Wohnungen der Einheimischen. Überall am Straßenrand werden Waren und frische Lebensmittel, die aufgrund des trockenen Staubes nicht mehr im besten Zustand sind, zum Verkauf angeboten.

Batambang Landstraße
In einer kleineren Straße in Battambang.

Im Stadtzentrum wiederum findet man viele französische Kolonialbauten, die noch aus der Zeit der französischen Besetzung im 19. Jahrhundert stammen. Junge Mönche, mit ihren Sandalen und typisch rot-orangen Kleidern, laufen durch die Gassen. Im Sar Kheng Park am Sangkae Fluss macht eine Gruppe älterer Damen Aerobik. Dazu erklingt moderne Elektro-Pop-Musik. In der ganzen Stadt verteilt gibt es zudem zahlreiche, reich verzierte Klosteranlagen (genannt Wat) und riesige Statuen.

Battambang Straßenszene
Straßenszene im Zentrum der Stadt.

Batambang Aerobic
Es wird viel Sport gemacht im Sar Kheng Park am Sangkae Fluss.

Batambang Gesicht
Steingesicht am Wat Sangker in Battambang.

Batambang statue auf KreuzungStatue von “Dambong Kro Nhong”.

TIPP:

Ungemütliches Reisen

Battambang ist auch anders, weil es der erste Ort in Kambodscha ist, an dem ich unfreundlich von einem Marktstand vertrieben werde: Mit viel Charme versuche ich den Preis einer Mango herunterzuhandeln. Erfolglos. Die Verkäuferin schickt mich schimpfend weg. Ich verstehe nicht, was sie mir auf kambodschanisch zuruft. Aber wahrscheinlich hat sie Recht.

Battambang Markt
In Battambangs Central Market gibt es eigentlich alles zu kaufen…

Battambang Markt Eier
… wie etwa diese Eier hier.

Dieses Erlebnis ist ziemlich erfrischend. Denn bisher ist mir das Reisen hier in diesem Land nicht so leicht gefallen. Die sengende Hitze, die mich fertig macht. Das ungewohnte Essen, dass meinen Magen komplett umkrempelt und mir die ein oder andere unruhige Nacht beschert. Und die Leute auf den Straßen, die einem ständig was verkaufen wollen. „Tuk Tuk” hier, „A nice suit for you, Mister” da, „Wanna have a massage” dort.

Doch vor allem die kleinen Kinder, die mir immer wieder versichern, dass sie morgen nicht zur Schule gehen können, wenn ich dieses Set aus 10 Postkarten nicht kaufe, bleiben mir von Kambodscha in Erinnerung. Es fällt mir schwer Nein zu sagen, doch ich möchte dieses System nicht unterstützen. Auch wenn ich mittlerweile sehr genervt davon bin, ich bleibe trotzdem immer freundlich, denn die Kinder können ja am wenigsten dafür.

Kinderarmut in Kambodscha

Leider ist Kambodscha immer noch eines der ärmsten und am geringsten entwickelten Länder der Welt, und besitzt zudem mit einen der höchsten Werte auf dem internationalen Korruptionsindex.

Zwischen 1975 und 1979 ermordeten die Roten Khmer unter ihrer Terrorherrschaft etwa 2 Millionen, meist gebildete, Menschen. Das Land wurde während dieser Periode quasi zurück in die Steinzeit pulverisiert. Auch nach dem Terror-Regime erholte sich Kambodscha nur sehr langsam.

Eine träge Wirtschaft und schlechte Infrastruktur lähmen das Land. Der Anteil der unter der Armutsgrenze lebenden Einwohner liegt immer noch bei etwa 19 Prozent. Ganz besonders Kinder sind davon betroffen. Die Kindersterblichkeitsrate ist sehr hoch. Es fehlt an medizinischer Versorgung und Bildung.

Zwar wuchs die Wirtschaft Anfang dieses Jahrtausends, aber mit der großen Finanzkrise kam ganz besonders auch in Kambodscha wieder ein wirtschaftlicher Abschwung. Deshalb sind gerade auch die Touristen sehr wichtig. Denn die bringen Dollar mit. Und die versucht die einheimische Bevölkerung ihnen verständlicherweise aus der Tasche zu ziehen. Am besten funktioniert das leider, wenn man die Kinder vorschickt.

Das Mädchen, dass ich zum Weinen brachte

Deshalb ist „No, thank you.”  wohl der Satz, den ich in all den Touristenorten Kambodschas am meisten verwende. Immer wieder muss ich die Leute, und vor allem die Kinder, die mir etwas verkaufen möchten, enttäuschen. Doch auch in diesem Punkt ist Battambang anders.

Das wurde mir an dieser einen regelrecht tragischen Begegnung vor Augen geführt.

Ich ging gerade auf dem Nightmarket, westlich des Flusses, abseits vom Stadtzentrum, auf Erkundungstour. Und auf einmal sah ich da dieses kleine Mädchen. Vielleicht 2 Jahre alt. Zottelige, schwarze Haare. Sorgenfrei. Fröhlich spielend und lachend umherhüpfend. Ein Gemütszustand, der sich jedoch schlagartig ändern sollte, als sie mich erblickte.

Das Grinsen des Mädchens transformierte sich langsam aber sicher, erst in einen mit vielen Fragezeichen versehenen Blick der Verwunderung, und schließlich in ein Gesicht voller Entsetzen. Tränen flossen. Geschrei ertönte. Sie wandte sich von mir ab um Schutz in den Armen ihrer Mutter zu suchen. Ein, zwei neugierige Blick zurück, verschlimmerten die Lage nur noch. Und dafür reichte allein meine Anwesenheit.

Scheinbar hatte sie in ihrem Leben noch nie einen so weißen Bärtigen mit großer Nase gesehen und hielt mich vielleicht für etwas, was in unseren Gefilden wohl als Monster unterm Bett durchgehen würde. Mir war die unangenehme Situation etwas peinlich. Ich bat bei der Mutter mit einem entschuldigenden Blick um Verzeihung und verschwand schnell hinter der nächsten Kreuzung.

Bilder von Battambang

Mich interessiert, was deine Erfahrungen in Kambodscha waren? Oder hast du schon einmal woanders eine ähnliche Situation erlebt? Schreib mir ein Kommentar.

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