Canberra Australien

Canberra – Die Reißbrett-Hauptstadt mit den zwei Rotlichtvierteln

Viele Reisende lassen Canberra, die Hauptstadt Australiens, oft links liegen. Dabei ist Canberra wahrlich eine Besonderheit. Denn die Stadt entstand auf dem Reißbrett, ist durchzogen von Linien und existiert nur, weil sich zwei andere Städte nicht einigen konnten (wobei das nicht wirklich der ganzen Wahrheit entspricht). Und ganz so anständig, wie Canberra anfangs erscheint, ist es auch nicht. 

Canberra

Canberra mit Blick auf das CBD (rechts).

Zugegeben, als ich das erste mal durch Canberra gefahren bin, hatte ich irgendwie das Gefühl durch eine x-beliebige Stadt in Nordkorea zu fahren. Das Wetter war genauso grau wie die großen, tristen Plätze. Überall breite, ewig lange Straßen mit Büschen, die zentimetergenau im gleichen Abstand Reihe an Reihe stehen. Daneben: wichtig aussehende Betonklotz-Gebäude und so viele riesige, nicht enden wollende Kreisverkehre wie sonst nirgendwo in Australien. Aber vor allem: keine Menschen, die irgendwo herumlaufen.

Doch der Schein trügt. Denn Canberra hat absolut nichts mit Nordkorea zu tun. Im Gegenteil, es ist eine ganz besondere Stadt, die perfekt von ihrem Erschöpfer Walter Burley Griffin erdacht und geplant wurde:

“I have planned a city not like any other city in the world. I have planned it not in a way that I expected any government authorities in the world would accept. I have planned an ideal city – a city that meets my ideal of the city of the future.”Walter Burley Griffin

“Wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte” ???

Ein Rückblick: Im Jahre 1901 vereinten sich alle bis dahin eigenständig regierenden, australischen Staaten zum australischen Commonwealth. Eine neue ganzheitliche, australische Verfassung wurde erschaffen. Diese besagte auch, dass es eine neue Hauptstadt mit einem neuen Parlament geben soll, die im Staat New South Wales liegen und nicht weiter als 100 Meilen von Sydney entfernt sein soll. Weder Sydney selbst, noch das durch den Goldrausch reich gewordene Melbourne, wurden allerdings je dafür in Betracht gezogen.

Denn beide Städte vereinte eine schon lang andauernde Rivalität. Oft wird erzählt, man entschied sich deshalb nicht für eine dieser beiden Städte bei der Wahl des neuen Kapitols. Das mag durchaus bei den Überlegungen eine Rolle gespielt haben, aber das dies der einzige Grund war, ist sicherlich nur ein Mythos.

Tatsächlich gab es aber durchaus hitzige Diskussionen, wo denn nun die neue Hauptstadt entstehen sollte. Konsens herrschte nur darin, dass die Stadt in einem eher kälteren Klima und nicht an der Küste liegen sollte, damit Angriffe von Schiffen nicht möglich waren. Auch sollte sie auf einer noch nicht so bedeutsamen Siedlung entstehen.

1908 fiel die Wahl schließlich auf die kleine Siedlung Canberra, die bereits 1820 gegründet wurde. Doch schon tausende Jahre vorher lebten hier Aborigines des Stammes Ngunnawal. Man glaubt der Name Canberra stammt von einem Aborigine-Wort ab: “Kamberra” oder “Kambery” was übersetzt so viel bedeutet wie “Treffpunkt”.

Das Landschaftsprojekt Canberra

Ein Designwettbewerb wurde 1911 ins Leben gerufen um den neuen Architekten der Stadt zu erkoren. Bewerber gab es aus der ganzen Welt. Doch am Ende setzte sich der Amerikaner Walter Burley Griffin mit seinem Plan durch. Das besondere daran war es, dass er Canberra als eine Art Landschaftsprojekt ansah.

© Commonwealth of Australia (National Archives of Australia) 2013.

Unverkennbare Symmetrie im Stadtplan von Walter Burley Griffin.

Er durchzog die ganze Landschaft unübersehbar mit geometrischen Figuren. Linien. Kreise. Dreiecke. Eine Längsachse verbindet Mount Ainslie mit dem Capital Hill, wo heute das Parlamentsgebäude steht. Auf der horizontalen Achse sollten künstliche Wasser-Bassins angelegt werden, der heutige Lake Walter Burley Griffin.

Canberra

Blick auf den Capitol Hill.

Griffins Idee war für die damalige Zeit sogar so innovativ, dass es unter einigen Politikern auch Missbehagen gab. Man versuchte Griffin viele Steine in den Weg zu legen. Letztendlich erging es ihm ähnlich wie Jørn Utzon, dem Erbauer des Opera Houses in Sydney. 1920 wurde er von den weiteren Arbeiten ausgeschlossen.

Heute ist Canberra eine Stadt, die sich in ihrer Bauweise Dank Griffins’ Idee von allen anderen australischen Großstädten erheblich unterscheidet. Es ist zudem der Sitz des Parlamentes und Heimat vieler Beamter und Politiker.

Übrigens: Die Adresse des Prime Ministers ist 5 Adelaide Avenue, Deakin, falls mal wer vorbei schauen will ;)

Stadt der Botschaften

Da Canberra das politische Zentrum Australiens ist, ist es nicht weiter verwunderlich, dass sich hier auch Botschaften aus aller Herren Länder befinden. In einem Stadtteil, Yarralumla, wimmelt es nur so an Vertretungen von fremden Nationen. Per Spaziergang kann man hier die meisten Botschaftsgebäude, die alle einen ihrem Land entsprechenden Baustil besitzen, abklappern.

Canberra

Die Botschaft Indiens in Yarralumla.

Sex in den Vororten

Canberras Nachtleben und Partyszene wird von den Einwohnern Melbournes und Sydneys oft belächelt. Denn diese ist im Verhältnis nicht existent, zumal Canberra auch noch eine recht junge Stadt ist.

Doch in einem Punkt ist Canberra besonders. Denn in der eher bieder wirkenden Stadt gibt es gleich zwei Rotlichtbezirke. Die Stadtteile Fyshwick und Mitchell verwandeln sich bei Nacht in legale Sündenmeilen. Speziell das industrielle Viertel Fyshwick, mit seinen etwa 10 Bordellen, einem Stripclub und zahlreichen XXX-Geschäften, ist in ganz Australien bekannt.

Ob sich das Walter Burley Griffin so gewünscht hatte? Sicherlich nicht. Ich selbst hab mir bei meinem Besuch Canberras dann auch die wesentlich schöneren Gegenden angeschaut. Denn in Canberra findet man viel nationale Museen, Galerien und kulturelle Einrichtungen dicht beieinander. Das könnt ihr in dem Artikel hier nachlesen: 10 Dinge, die man in Canberra tun kann.

Bilder von Canberra

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Eine Antwort auf Canberra – Die Reißbrett-Hauptstadt mit den zwei Rotlichtvierteln

  1. […] Hauptstadt Australiens wird von vielen Australien-Touristen oft ausgelassen. Ich finde aber, du solltest die Stadt […]

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